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Kindeswohl in Schleswig-Holstein in Gefahr

Das Thema ist seit Jahren bekannt, substanziell hat sich bis heute nichts verändert: Die Lage in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein ist prekär. Die vorgeschriebenen Qualitätsstandards können nicht gehalten werden. Die Inobhutnahmen wachsen stetig und zudem die Belastungen der Kinder und Betreuer|-innen. Es reicht, sagen die Wohlverbandsverbände im Land. Sie haben sich im November 2023 zum Aktionsbündnis Kindeswohl in Schleswig-Holstein zusammengeschlossen. Die Gruppe Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie ist Gründungsmitglied des Aktionsbündnisses.

Nicole Schenk, Geschäftsführerin Kinder- und Jugendhilfe, Kindertagesstätten
und Sozialpsychiatrie und Mitglied im Bündnis, benennt die Fakten: „Wir haben einen Höchststand von Kindeswohlgefährdungen. Bis zu zehn Kinder werden von einer Erzieherin oder einem Erzieher betreut. Die Zahl der Inobhutnahmen ist um 40 Prozent im Verhältnis zum Vorjahr gestiegen. Die stationäre Versorgung wird immer schwieriger.“ Betroffen sind rund 6.300 Kinder in Schleswig-Holstein.

Mitte des vergangenen Jahres hat sich ein Kreis von Wohlfahrtsverbänden in Neumünster getroffen und einen Aktionsplan erarbeitet. Die Vorschläge werden seitdem in allen Jugendhilfeausschüssen, auf Landesebene und in vielen anderen Fachrunden präsentiert.

Der Kreis der Willigen wuchs schnell. Zurzeit sind folgende Verbände im Aktionsbündnis Kindeswohl in Schleswig-Holstein beteiligt: Adelby 1, Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein, Caritas im Norden, Diakonie Nord Nord Ost, Diakonisches Werk Husum, Diakonisches Werk Schleswig-Holstein, Elisabethheim Havetoft, Freie Jugendhilfe, Gruppe Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie, Internationaler Bund, Paritätischer Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein, Kinder- und Jugendhaus St. Josef und Verbund für Kinder-, Jugend- und Soziale Hilfen. Unterstützt wird das Aktionsbündnis von der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein.

Als Eckpunkte für eine Verbesserung der stationären Kinder- und Jugendhilfe betrachtet das Aktionsbündnis: zwei Mitarbeitende pro Wohngruppe in Kernarbeitszeiten, mindestens sieben Fach- und Betreuungskräfte als Vollzeitäquivalente pro Einrichtung, deutlich mehr Gehalt für Fach- und Betreuungskräfte in Tag- und Nachtarbeit, verbindliche Festlegung der Auslastungsquote in den Einrichtungen von 90 Prozent.
„Wenn diese Eckpunkte umgesetzt werden, haben wir die Betriebsrisiken minimiert. Darum geht es uns in Gänze. Anderenfalls verschwindet die stationäre Kinder- und Jugendhilfe“, sagt Nicole Schenk.

Fast ausnahmslos erhalten die Mitglieder des Aktionsbündnisses Kindeswohl in Schleswig-Holstein Zuspruch für ihr Engagement und inzwischen an einigen Stellen erste finanzielle Zusagen. „Wir stehen am Anfang. Jugendhilfe ist Überzeugungsarbeit und kein Sparmodell. Wir wissen, dass die Haushaltslage angespannt ist und setzen dennoch auf eine vorrangige Beachtung, denn es geht um die Kinder und damit einen wichtigen Teil der Zukunft unseres Landes“, so Schenk.

Der Weg aus dem Notstand ist lang. Das wissen alle Beteiligten des Bündnisses. In Anbetracht der vielen guten Diskussionen fühlen die Akteur|-innen sich bestätigt und wollen den Dialog fortsetzen. Nächster Meilenstein ist der erste landesweite Bündnistag Kindeswohl in Schleswig-Holstein am 1. Juni 2024 in Kiel.


 

Hintergründe zum Aktionsbündnis Kindeswohl in Schleswig-Holstein: www.kindeswohl-sh.de