Mit Struktur, Kommunikation und Herz
Alles wie immer. Zu diesem Schluss kommt, wer im Sommer 2022 über das Gelände des Evangelischen Jugenderholungsdorfs St. Peter-Ording schlendert. Gitarrenklänge. Vor Haus Nekkepenn studiert eine kleine Gruppe einen irischen Folksong ein. Eine Familie bringt ihre Einkäufe ins Hostel. Und vor dem Kioskfenster der Anmeldung warten zwei Jungen darauf, dass die Mittagspause endlich zu Ende ist, damit sie ein Eis kaufen können.
„Genau wie immer soll es auch sein. Nach über zwei Jahren Pandemie sollen unsere Gäste bei uns so viel Normalität wie möglich erfahren“, beschreibt Einrichtungsleiterin Anika Augustin die Ziele des Jugenderholungsdorfes. „Gerade für die Jüngeren, ist so vieles auf der Strecke geblieben. Wir schaffen hier Raum, soziale und emotionale Kompetenzen wieder einüben zu können.“
Klassenfahrten, Jugendfreizeiten, Gruppen- und Familienfreizeiten
In der Saison bieten elf Häuser auf einem großen Gelände Kleinen und Großen, Menschen mit und ohne Handicap viel Platz für Ferien oder eine Auszeit an der Nordsee. 2022 waren die Häuser schon seit dem 15. März ausgebucht und für 2023 war der Buchungskalender bereits im August 2022 zu 95 Prozent gefüllt. Also alles in Butter? Ja und Nein. Die Pandemie gibt immer noch den Takt vor.
Ein Blick zurück
Lockdown, strenge Auflagen, Stornierungen von 80 Prozent aller Buchungen im ersten Jahr, Bedrohung der Wirtschaftlichkeit, Kurzarbeit – Anika Augustin und ihr Team sind durch alle Tiefen gegangen, die die Pandemie seit 2020 mit sich gebracht hat. „Aber wir haben uns früh mit der Geschäftsführung zusammengesetzt und beschlossen: Wir müssen zeigen, wir schaffen das! Und uns jetzt erst recht als verlässlichen Partner in diesem Segment zeigen.“ Dass das genau die richtige Entscheidung war, belegen die Gästezahlen für 2021 und 2022.
Wie ist das gelungen?
Mit bester Vernetzung, Struktur und ganz viel Herz. Die hohen Hygienestandards, entwickelt im ersten Pandemiejahr, wurden beibehalten. Große Solidarität untereinander und gute Kommunikation sorgten dafür, dass trotz langer Kurzarbeitszeiten alle Mitarbeitenden an Bord geblieben sind. 2021 konnte der Saisonbetrieb erst im Juni starten. Vorausgesetzt, die Gruppen ließen sich alle 48 Stunden testen. Mit einem eigens organisierten Corona-Testzentrum in der Aula und einem riesigen Stundenplan ließ sich das Ganze dank der Mitwirkung aller gut umsetzen. Alles war geregelt, einem Besuch stand nichts mehr entgegen.
Als der einzige Coronafall dann eintrat, mussten 80 Schulkinder einzeln abgeholt werden. Was ein Jahr vorher noch Angst verbreitet hätte, konnte das Team mit pragmatischer Logistik lösen. „Es hat uns so geholfen, dass ihr alle ganz ruhig und sachlich geblieben seid!“, bedankte sich der Klassenlehrer hinterher extra noch mal. Im dritten Coronajahr ist auch der Umgang mit Infizierten ein Stück weit Normalität geworden, mit der das Team professionell umgeht.
Zur neuen Normalität gehört auch, dass seit Saisonstart über 400 Gäste gleichzeitig im Jugenderholungsdorf beherbergt werden. Früher ging es tröpfchenweise los und steigerte sich dann langsam. Wenn sich jetzt die Türen öffnen, startet das Team von null auf hundert. Die Taktzahl ist hoch. Da hilft jede zusätzliche Hand, die mit anpackt. Als sich 2021 ein ehemaliger Teamer meldete, der in seinem Urlaub etwas Sinnvolles machen wollte, griff Anika Augustin sofort zu. Eine Riesenhilfe – mittlerweile sind es mehr als 10 Personen. So ist fast nebenbei das Konzept für Work & Travel entstanden.
„Corona lehrt, wie flexibel man sein muss – und es auch sein kann“, fasst Anika Augustin ihre Erfahrungen zusammen. Man müsse sich dem Ganzen stellen, auf sich und sein Team vertrauen. Neue Wege gehen. Zuversichtlich bleiben. Ein Blick nach vorn: „Was nächstes Jahr ist, wissen wir nächstes Jahr.“ Aus allem, was man gelernt und gemacht hat, resultiert ein Echo.