1946
Die Geschichte der NGD-Gruppe und ihrer Einrichtungen.
Die Geschichte der NGD-Gruppe und ihrer Einrichtungen.
Das neue Jahr brachte viele Veränderungen mit sich. Die Vollversammlung und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen tagten zum ersten Mal, in Deutschland wurde das Strafgesetzbuch novelliert, und die ganze Welt verfolgte die Berichterstattung über die Nürnberger Prozesse. Noch immer waren tausende von Menschen auf der Flucht. Die Bevölkerungszahl im neu gegründeten Schleswig-Holstein hatte sich bereits mehr als verdoppelt, und jeden Tag strömten weitere Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten ins Land. Nach hunderten von Kilometern zu Fuß besaßen viele von ihnen nur noch die Kleidung, die sie am Leib trugen. Alles andere hatten sie verloren oder zurücklassen müssen. Schnell mussten Lager errichtet werden, in denen die Flüchtlinge unterkommen konnten. Hier lebten sie unter einfachsten Bedingungen – teilweise für viele Jahre. Sie zu betreuen und zu unterstützen wurde zu einer der großen Aufgaben der Mitarbeitenden des Hilfswerkes der evangelischen Kirche in Deutschland.
Hoffnung kam aus dem Ausland. Im Dezember 1945 hatten die Alliierten beschlossen, dass strikte Hilfsverbot für die deutsche Bevölkerung aufzuheben. Organisationen, Gemeinden und Privatpersonen weltweit durften nun Spenden sammeln und nach Deutschland schicken. Nahrungsmittel aus Schweden, die unter anderem in Schleswig-Holstein und Hamburg als sogenannte Schwedenspeisung ausgegeben wurden, retteten zahllosen Kindern das Leben. In den USA schlossen sich elf große Hilfsorganisationen, unter anderem das Rote Kreuz, zu Cralog (Council of Relief Agencies Licensed to Operate in Germany) zusammen. Das erste Schiff mit Hilfsgütern von Cralog erreichte Bremen im April 1946; insgesamt sollten in den nächsten Jahren 300.000 Tonnen an Spenden nach Deutschland verschickt werden. CARE© (Cooperative for American Remittances for Europe), 1945 gegründet, durfte ab Juni Pakete in die US- und die Britische Zone senden, die ihre Empfänger im August erreichten. In der Französischen Zone waren die CARE-Pakete® erst ab Dezember zugelassen. Zum Verteilen der sogenannten Liebesgaben brauchten die Organisationen zuverlässige Partner vor Ort. Das Hilfswerk der evangelischen Kirche in Deutschland übernahm die Verteilung der Hilfsgüter – und damit die Aufgabe, für die es in weiten Kreisen der Bevölkerung am bekanntesten werden sollte.
Bedingt durch den Privatwohnsitz des Leiters Dr. Mohr wird Flensburg erste Zentrale des Hilfwerkes.